Was ist an Wallstreet los? – Frankie Millers Einsichten

„Was ist an Wallstreet los, Miller? Wo hängt da der Hammer?“

Der Editor schaute wie Bambi nach dem ersten Regenschauer seines noch so sehr kurzen Lebens. Wachsbleiche Äuglein, warum auch immer, ähnelten sehr stark denen dieses verstörten Rehleins.
Diese vermeintliche Ähnlichkeit! Übergroße Rehaugen, beinahe Mitleid heischend.

Eher ein spontaner Einfall, als eine wirklich zu begründende Überzeugung meinerseits.
Trotzdem, so eine innere Eingebung, eines schon wieder mal sehr genervten Zeilen-Honorierten.
Ja doch, ich hatte Bambi so lieb, damals.
Meine Mutter hatte für tagelanges Wohlverhalten meinerseits, mir einen Besuch im Kino versprechen müssen.
Daher also dann Disneys Kinoknüller „Bambi“. Und Bambis Kulleraugen.

Doch diesen Editor lieben? Nein, ganz bestimmt nicht. Schon, seiner immer nur so hingeworfen wirkender Recherche- und Schreibaufträge wegen.
Nicht nur auf den allmorgendlichen Redaktionskonferenzen.

Miller dies und Miller das!

„Machen Sie mal ruhig, Miller!“
„ Irgendwas müssen wir ja anbieten. Miller, sie wissen schon, die immer treuen Abonnenten.“
„Und die Käufer an den Bahnhofs-Kiosken, Miller. Diese Reisenden, die hofften, durch unsere umfassende Informations-Verpflichtung, ihre Bahnfahrtlangeweile-Stunden abmildern zu können.“

Denn wenn eines zutraf auf den langsam absterbenden Riesen „Deutsches Pressewesen Papier“, dann wohl doch, dass alle sehr bemüht waren und auch noch sind.
Und wir hier auf dem flachen Lande?
Ganz besonders und darüber hinaus, auch noch überaus hoch motiviert!

Ja, so war sie nun mal, die Wirklichkeit unseres Käseblättchen.
Mittelmäßig Talentierte, losgelassen auf die große weite Welt.

Ja, wir hatten ihn! Den ganz großen Ausblick auf Volk und Wirtschaft! Wir waren doch in unserer Kleinstadt immer schon so etwas wie das Guckloch in das unendliche Universum!

Frankie Miller, Journalist, Zeitungsmacher eben!
Einer, der sich darin versucht, Weltläufiges in betont seriöser Art, dem Häuslebauer auf der Alb und dem Fließband-Schaffenden im Land der Schwaben näher zu bringen.
Also doch so etwas, wie der verlässliche Freund der Minderbemittelten.

Na gut, ich geb`s ja zu. Wir Zeitungsmacher hatten immer schon einen, den Splien, wir wären etwas ganz Besonderes im Lande der Gleichförmigkeit. Zumindest hielten wir uns schon immer für ganz besonders.
Na gut, soweit meine heutige, unmaßgebliche Selbsteinschätzung!
Eine der täglich wechselnden Selbsteinschätzungen, zu denen ein Zeilenknecht wohl auch noch nach Jahrzehnten fleißigster Recherche-Arbeit, doch fähig sein sollte.

Was ist an Wallstreet wohl los, Editor? Der ewig selbige Beschiss?
Alles wie gehabt?
Nichts zumindest was auf Aufatmen deutete!
Dasselbe böse Spiel wie anno dunnemals! Bevor so große Banken wie Lehmann Brothers und Freddy May und Fanny Hill oder Micky Maus und Goofy oder wie auch immer, den Arsch zu kneiften!

Nein nicht wirklich. Lehmann Brothers gingen in den wohl verdienten Konkurs! Den anderen half der jeweilige Steuerbürger aus der selbst gestrickten Maschenfalle.
Anlage-Kapital von mehr als einer Billion US-Dollars gehörte auf einmal nur noch ganz Wenigen, während sehr viel Unglücklichere nun auf einmal nichts als Schulden auf ihren Konto-Auszügen zu akzeptieren hatten.

Wenn ich schon früh eines gelernt hatte in meinem Leben, dann, dass Geld und Energien nicht einfach so, mir nichts, dir nichts verdampften.

Wenn meine Geldbörse nach dem Besuch im Bordell und danach im direkt daneben gelegenen Nachtlokal oder auch der umgekehrter Reihenfolge wegen, weg war, gehörte sie nur nicht mehr mir, sondern möglicherweise schon der vollbusigen Britta oder dem verschlagenen Michael von nebenan.
Na gut, so war das Leben nun mal, Leistung verlangte schon immer nach Gegenleistung!
Pimpern und saufen kosten halt! Und meist nicht zu knapp. Und wer Spaß haben will, soll ihn dann gefälligst auch berappen!

Doch wo war ist ganze Schore nun eigentlich letztendlich gelandet? Diese Milliarden von Euronen, der Einheitswährung der nun Hochverschuldeten?
Das Papiernere, das Zahlungsversprechen der Bundesbänker? Oder das der Europäischen Zentralbank?
Der, die das Copyright auf die bunten Scheinchen hat, bei deren Anblick unsere Äuglein meist so einen lustigen Aufschlag bekommen!
Aber nur da, wo wir selber sie in Händen halten.

Nun gut, Geld!
Was ist Geld wirklich?
Es besteht ja eigentlich nur aus Lumpen und Papier.
Hier wird mittels Zitronensäure und nicht geringen Mengen von Natronlauge, aus einem gewissen Gemisch von Zellstoff und Baumwolle, so etwas wie ein Wert geschaffen!
Dieser Wert wird dann, grafisch gar nicht mal so schlecht aufbereitet, auf das Endergebnis geheimster Papierherstellung gedruckt und schon ergibt sich der Anschein von wirklich Wertvollem.
Dabei ist es doch immer auch nur noch ein Stücker`l Papier!

Der eigentliche, doch irgendwie schon vorher bestimmte Wert muss erst noch von den Fleißigen unter dem Groß der Bevölkerung herangeschafft werden.
Der Arbeiter muss also erstmal kräftig in die Hände spucken und sein Tagewerk vollbringen, bevor dieses Wertversprechen „5 oder 10 Euro-Schein“ und so weiter…, wirklich Realität werden darf! Werden kann!

Das dachte ich zumindest immer, wenn ich mich mal wieder mit den Widrigkeiten von richtiger Arbeit und Wirtschaftswissenschaft auseinander zu setzen hatte. Meistens dem Beruf geschuldet.

Wallstreet?
Wallstreet!
Da, wo große Räder gedreht werden! Da, wo ein dezentes Fingerschnipsen und auch schon mal lautes Geschrei, nicht erst seit dem verhängnisvollen 15 September 2008, ganze Volkswirtschaften an den Rand des Ruins brachte.
Da, wo eine Riege von Schaffenden die Welt verändern kann, ohne dass auch nur einer dieser Geldschaufler, dann irgendwann mal wirklich einen ganz realen Wert vorweisen könnte.

Während ein Maurer am Abend stolz sein Mäuerchen entlang schreiten könnte, wenn er nicht so müde von der Arbeit wäre, klappt der Börsen-Makler seinen Laptop zu und freut sich, dass er das Tagesziel doch noch irgendwie erreicht habe.
Was dann natürlich nichts anderes bedeuten kann, als dass Gelder von der einen Tasche in die eines ganz anderen Menschen geflossen sind. Und nicht zu knapp, in die seine.
Es also schon wieder mal Sieger und Verlierer gab. Solche also, die Verluste machten und solche, die Gewinne einfuhren, ohne als dass sich überhaupt jemand von denen auch nur bewegte.

Wie kann so etwas eigentlich sein?

Nun gut, „Geld-Anlage-Fonds“ und das dahinter stehende „Geschäfts-Model“ könnten dann ja mal in einer weiteren Kolumne den Mittelpunkt abgeben. Der Editor will aber gerade heute von mir wissen, wo der „Hammer an Wallstreet“ hängt.

Für mich ganz zweifelsfrei im Waren/Sorten-Termin-Geschäft und im ganz Besonderen bei den so genannten „Leer-Verkäufen“!

Hierauf sollte ich mal mein besonderes Augenmerk legen!

Leer-Verkauf, was ist das eigentlich genau?

Also, einer nur bei Bankern hinter vorgehaltenen Händen immer wieder beschworenen Wahrheit nach, existiert Geld nur in der Fantasie der Bevölkerung.
Also, weiter ausgeholt, nur jedes Mal dann, wenn irgendwo auf der Welt irgendwo etwas erworben oder auch nur veräußert wird!
Geld also nur eine Wertschöpfung oder, schlicht ausgedrückt, einen Geschäftsvorgang dokumentiert.

Müller erwirbt das Häuschen von Meier!
Meier verlangt und bekommt per Kontobuchung von Müller meinetwegen 500.000Euronen.
Müller verschuldet sich bei seiner Hypothekenbank mit 500.000Euro, damit Meier am nächsten Tage auf seinem Konto einen technischen Umsatz von 500.000Euro verbuchen kann.
Für die Schuld von 500.000Euro bezahlt Müller meinetwegen 6% pro Jahr an Zinsen.
Die Bank weist einen Betrag von 500.000 Euro als Forderung aus, plus des vereinbarten Zinssatzes.
Bargeld wird erst dann fällig, wenn Meier wahrhaftig zur Kasse marschiert, um das ganze Geld abzuheben.
Was Gott und der Müller betreuende Kundenberater seinerBank, verhindern möge.

Leerverkauf? Nein, ganz bestimmt nicht! Hier werden ganz reale Geschäfte von ganz realen Partnern abgehandelt.

Anders bei den so genannten Leerverkäufen!

Ein Shareholder, also ein Aktionär, möchte mittels Aktien ein wenig Geld verdienen.
Er hätte zwei Möglichkeiten!
Zunächst könnte er, bei Hause, also steigenden Kursen, sein Depot reduzieren. Schon vorhandene Aktien oder auch ein Guthaben auf dem Konto zum Erwerb eines neuen Aktien-Paketes einsetzen.
Doch das würde dann auch schon wieder bedeuten, dass im Falle der Aktien, eine bestimmte Richtung vorgegeben wäre. Will er also nicht.
Denn der gewiefte Zocker verkauft immer nur dann, wenn ein Gewinn winkt.
Und da sich Börsen-Kurse meist unvorhersehbar entwickeln, für Außenseiter also überraschend oft an Wert verlieren können, heißt es sehr oft besonders besonnen zu agieren.

Leerverkäufe gelten als Bedrohung für die Finanzmärkte. In Deutschland sind sie deshalb – zumindest in Teilen – schon verboten. Nun ziehen andere Länder nach. Was sich hinter dem Liebling der Zocker verbirgt?

Wall Street im Sommer 2008: Die Aktie von Lehman Brothers steht mächtig unter Druck. An der Börse kursieren Gerüchte, dass die Investmentbank vor der Pleite steht. An manchen Tagen verliert die Aktie zweistellig. Der Verdacht fällt auf Leerverkäufer.

Doch was sind eigentlich Leerverkäufe? Und warum sind sie so gefährlich?

Leerverkäufer sind Spekulanten, die auf fallende Kurse setzen. Dafür leihen sie sich Aktien gegen eine Gebühr von meistens um die zwei Prozent des Aktienwertes und verkaufen sie. Geht ihre Wette auf, können sie später die Papiere günstiger erwerben und dem Verleiher zurückgeben. Die Differenz zwischen Verkaufspreis und Rückkaufpreis ist ihr Gewinn.
Ihre gefährliche Wirkung entfalten Leerverkäufe wie etwa bei Lehman, wenn die Aktie bereits „schwächelt“. Denn dann können sie einen Abwärtstrend verstärken.
Doch es kann auch genau anderes herum kommen, wenn sich die Leerverkäufer verspekulieren.

Frankfurter Börse im Oktober 2008: Die Aktie von Volkswagen schießt bis auf knapp 1000 Euro hoch. Zeitweilig ist der Autobauer der wertvollste Konzern der Welt. Auch hier werden Leerverkäufer als Verursacher der Kursturbulenzen vermutet.

Bei VW hatten die Spekulanten sich gewaltigst verschätzt.
Durch Porsches Übernahmepoker gab es weniger Aktien am Markt als gedacht. Die Zocker mussten darum Höchstpreise zahlen, nur um mit den wenigen noch verbliebenen Papieren ihre Rechnungen zu begleichen.

Ungedeckte Leerverkäufe von Aktien und von Staatsanleihen von Euro-Ländern sind seit vergangenem Sommer in Deutschland per Gesetz ganz verboten. Bei derartigen Geschäften haben Investoren die verkauften Papiere sich noch nicht einmal geliehen, was die Risiken für Verwerfungen noch erhöht.

Vier Euro-Länder wollen deren Tun nun durch das vorläufige Verbot hochspekulativer Börsengeschäfte einen Riegel vorschieben.
Frankreich, Italien, Spanien und Belgien untersagten bestimmte Leerverkäufe. Betroffen von dem Verbot sind sämtliche Finanztitel.
Die europäische Finanzmarktaufsicht ESMA teilte mit, die nationalen Börsenaufsichten würden rasch und entschieden gegen den Missbrauch von Marktregeln vorgehen.
Zwar seien Leerverkäufe für sich genommen, eine zulässige Handelsstrategie.
Doch in Verbindung mit der Verbreitung von Marktgerüchten handele es sich um einen klaren Regelverstoß.

Und nun, Miller, was ist an Wallstreet los?
Die Börse boomt, verehrter Herr Editor. Lediglich die Ankündigung des Griechischen Ministerpräsidenten, eine Volksbefragung im Lande der Helenen zu veranstalten, ließ weltweit ein wenig die Kurse erzittern.
Die Banken sind es aber eigentlich, die es zu retten gilt, Herr Editor!

Banken sind schon längst ihren Kinderschuhen als reine Finanz-Dienstleister entwachsen. In den Vorstandsetagen der weltweit operierenden Konzerne wird derweil Politik gemacht.
„To big to fail“ ist die Devise.
Großmächtige Politik! Banken die auf den Werten von Versicherungen, also auch den Rentenversicherern aufbauen, müssen um alles in der Welt gehalten werden.
Wobei wir nun schon wieder beim Geld wären.

Geld ist Gold, so einst die Devise. Papier-Geld als Nachweis, irgendwo eine erkläckliche Anhäufung von Golddukaten versteckt zu halten, war noch die ehrliche Basis für den Handel mit Wirtschaftsgütern.

Heutzutage, wo zwischen Erwerb und Veräußerung nur noch die Taktung eines Hochleistungsrechners das Tempo bestimmt, fragt kein Schwein mehr nach echten Werten.
Kommt ein Finanz-Produkt auf den Markt, welches nur irgendwie schlüssig erscheint und seien es auch nur steigende Preise für Immobilien am Nordkap, wird drauflos gezockt, koste es was es wolle. Denn bezahlen müssen es ja dann die Anderen. Meist, wie im Falle Lehman Brothers, treugläubige Sparer irgendwelcher Stadtsparkassen.

Also, verehrter Herr Editor, es ist nicht zu glauben!
Stell dir mal vor, ich wolle mein Häuschen gegen Feuer versichern. Gar keine so blöde Idee, könnte man sagen.
Die Bank, die auf mein Häuschen eine Hypothek hält, versichert sich dagegen, dass ich es versäume, diese bei ihr abzulösen. Sie also auf einer Forderung sitzen bleibt und, da das viel zu oft passieren könnte, selbst die Versteigerung meiner Hütte noch eine Forderung übrig ließe.
Wäre verdammt dumm für alle Beteiligten!

Nun also hält die Bank einen ganzen Wust an solchen Forderungen und beginnt damit, diese in ein Bündel zu schnüren. Gute, weil gut bonierte Forderungen werden zu schlechter beleumundeten Forderungen gepackt und auf dem Markt veräußert.
Da das umherschwirrende Geld schon längst einen Umfang erreicht hat, der weder mit angehäuften Golddukaten, noch mit der Wirtschaftsleistung aller unserer Volkwirtschaften weltweit in irgendeiner Weise begründet werden kann, scheint es auch für solche „Schrott-Papiere“, wie die angebotenen „Derivate“, noch irgendwelche Käufer zu geben.
Zudem kommen bei diesen Geschäften immer auch noch so genannte Rechenmodelle zum Zuge.
Hochbezahlte Spezialisten haben für alle infrage kommende Anlageformen die entsprechenden Zahlen parat.

Und nun ergibt sich ganz plötzlich das Bild, dass alle diese Rechenmodelle und die ganzen Vorhersagen für`n Arsch sind.
Die wirklich kompetenten Wirtschaftsasse hatten in ihren Rechnungen wohl nicht berücksichtigt, welche Folgen das negative Ergebnis einer einzigen, wenn auch in ihrer Bilanz völlig aufgeblähten Weltbank für die Ganze Wirtschaft haben kann.
Einzeln betrachtet, wäre die Lehman-Pleite absolut zu verkraften gewesen. Lehman hatte unter ihren Kunden gar keine so genannten Kleinsparer.
Lehman zockte dafür mit dem Geld so genannter „Institutioneller Anleger“, allerdings weniger Geldanleger als vielmehr diverse Rentenfonds.
Hierin war Lehman eigentlich sogar noch ein verhältnismäßig kleines Licht.

Doch die Lehman-Pleite löste einen so genannten Domino-Effekt aus.
Und hier zeigte sich nun auf einmal das ganze Ausmaß eines völlig ungeregelten Geldverkehrs im internationalen Maßstab. Eines Geldverkehrs, der schon lange nicht mehr auf ganz realen Werten basierte, sondern beinahe nur noch auf blauäugigen Erwartungen und auf Bankenseite, ebenso blauäugigen Versprechungen gegenüber den Kunden beruhte.

Im Jahre 1999 betrug das weltweite Brutto-Inlandsprodukt, die ganz reale Wertschöpfung, also das Wirtschaftswachstum und die Gewinne der Unternehmen, etwa 22 Billionen US-Dollar!
Die Summe aller Finanzmarkt-Produkte zusammen dagegen lag bei 2 Billionen US-Dollar, also unter 10%!
2010 war dann auf einmal das globale Bruttoinlandsprodukt auf stolze 63 Billionen angewachsen.
Also hatte sich beinahe verdreifacht!
Und nur hierauf stützen sich nun die Währungen weltweit.
Um diese Werte zu realisieren drucken die Nationalen Währungshüter ihre kunstvollen Papierchen, im Volksmund Geld genannt.
Wenn man nun die Summe aller in 2010 weltweit herumschwirrenden Finanz-Marktprodukte mal addiert, kommt man sehr schnell auf die ungeheuerlich erscheinende Summe von beinahe 600 Billionen US-Dollar!

Die Real-Wirtschaft hatte sich daher innerhalb von 10 Jahren lediglich verdreifacht, die Summe aller Finanzprodukte hat sich hingegen im selben Zeitraum, dafür verdreihundertfacht.

Diese agilen Finanzdienstleister haben es also fertig gebracht, der Welt mehr Geld abzuluchsen als diese eigentlich besitzen konnte.
Wir alle sind also einem aufgemachten Schwindel aufgesessen und sitzen dafür nun auf einem riesigen Schuldenberg.

Nun könnte man fragen, warum die Banken, die es ja wohl waren, die uns in den Ruin trieben, nun auch noch durch Rettungsschirme aus Steuermitteln gerettet werden müssen. Warum diejenigen also einfach ihre Gewinne, die ja dann auch irgendwo bei dieser stolzen Summe von etwa 600 Billionen liegen dürften, nicht einfach als Grundkapital für weitere „Spielchen“ nehmen und uns mit ihren Forderungen nach frischem Geld nicht endlich in Ruhe lassen?

Die Antwort auf diese Fragen ist sicherlich ebenso einfach, wie auch erstaunlich.
Diese immer gierig erscheinenden Banker, diejenigen, die sich erdreisteten mit dem Geld der Anleger zu zocken, die es tatsächlich fertig brachten, dass sich der Kreisel aus -kaufen und verkaufen- immer schneller drehte, wetteten zum einen auf fallende Kurse und da sie dabei noch sogleich wieder steigende Kurse auszumachen glaubten, hatten ganz schlicht selber die Übersicht verloren.
Sie selber haben ganz gewaltig Federn lassen müssen.

Herr Josef Ackermann, der weltweit wohl größte der ganz großen Banker, hat wohl damit nicht unrecht, wenn er sagt, dass die Banken selber zu den Verlierern der Staatenkrise mit ihrer Verschuldungsorgie gehörten. Denn wahr ist ebenso, dass diese Staaten wie Griechenland, Spanien, Portugal und jetzt wohl auch Italien, zu den bisherigen Profiteuren billigen Geldes gehörten.

Nur, ebenso wahr ist auch, dass gerade der Eidgenosse Ackermann mit seinem beinahe ungebremsten Optimismus und der Aussicht auf mindest 25% Jahresrendite seines Institutes, den Geldtransfer in die nun überschuldeten Staaten erst richtig beflügelte.
Denn, wie sagt schon eine alte Volksregel: Millionen von Fliegen können nicht irren, Scheiße schmeckt doch himmlisch?

Wahr ist allerdings auch, dass Geld, sei es nun virtuell oder meinetwegen ganz real, der ganz große Antrieb für Wohlstand ist. Geld schafft Nutzen.
Geld, geliehenes zumeist, verschafft den Unternehmen Aufträge, sorgt für pünktliche Lohnzahlungen. Idealerweise landet Geld immer nur da, wo es am meisten Nutzen schafft.
Demnach sind Banken diejenigen, die, je öfter sie dieses Geld hin und her schieben, die größten Wohltäter und letztendlich verantwortlich für alles Fortschrittliche und den gerechten Ausgleich aller Interessen.
Für diese These gibt es sogar wissenschaftliche Belege und Studien zeigen auf, dass Entwicklungsländer einen Wachstumsschub erhalten, sobald sie erst einmal über einen gut ausgebauten Finanzsektor verfügen.

Die Deregulierung der Banken, zuletzt durch Clintons Kippen des so genannten „Glass-Steagall Act“, eine Folge der Großen Krise der Dreißiger Jahre, der in den USA bis 1999 die Geschäftsbanken und die Investmentbanken strickt trennte, war also Ergebnis ganz nüchterner Analysen.
Kein Zufall wohl, dass solche Sozialisten wie Tony Blair, Gerhard Schröder und der Demokrat Bill Clinton es waren, die bis etwa 1999 die Banken zusätzlich von allzu streng empfundenen Regulierungen durch die Politik bewahrten und zuvor enge Wirtschafts-Korsette in nicht unerheblichem Maße lockerten.

Nun allerdings ist zu fragen, warum es gerade die Unternehmen der Finanzindustrie sein müssen, die immer noch die größten Gewinne einfahren, obwohl hier eigentlich gar keine so große Wertschöpfung erfolgen kann!

Der Bankenplatz London z. B., erfuhr durch Margret Thatcher seinerzeit die Adelung, war sie es doch, die im Vorgriff auf Reagans spätere Deregulierungswut öffentlicher Institutionen, den Grund für Londons Aufstieg ans Firmament der Geldindustrie beschleunigte.
Die Bilanzsumme der Britischen Banken betrug 1964 ganze 34% der Wirtschaftsleistung Britanniens.
Im Jahre 2007 waren es schier unglaubliche 500%!

Jetzt steckt das Land in seiner schwersten Krise, weil der Großteil dieser Verschuldungsorgien wohl endgültig abgeschrieben werden muss.
Grund hierfür scheint zu sein, dass der Großteil dieser Kredite nicht in Infrastrukturen angelegt wurde oder der produzierenden Industrie zufloss, sondern eine ungeheure Blase auf dem Immobilien-Markt befeuerte.
Eine Blase, die dann mit lautem Knall explodierte.

Der Knall, in New York nicht ungehört, führte dann dazu, dass auf einmal die Amerikanischen Banken auf ungeheuren Hypotheken von Häuslebauern sitzen blieben und der Staat mittels Rettungsschirm die zwei Hauptgläubiger Freddy und Fanny aufkaufte, um diesen wichtigen Finanzsektor, Neubaufinanzierung, nicht ganz untergehen zu lassen.
In der Folge wurden in London und New York, tausende von Bankern entlassen und hunderte von Banken dichtgemacht.
Sogar die Investmentbank Nummer Eins, Goldman Sachs, fuhr im zweiten Quartal 2011 ein sattes Minus ein.

Hedge-Fonds und sonstige Geldsammler, die mit dicken Renditen werben, betreiben aber von solchen Endzeitszenarien unbeeindruckt, auch weiterhin ihr Geschäft. Und was sollten sie auch anderes tun?
Hedge-Fonds, nur noch mal zur Erinnerung, hoffen auf kräftige Bewegungen am Mark und ziehen hieraus ihre Vorteile. Sie sind es also, die auf starke Schwankungen hoffen müssen und somit als die eigentlichen Zocker zu gelten haben.
Sie sind es auch, die in der Vergangenheit das Geschäft mit den Leerverkäufen am züngeln hielten und somit im Verdacht stehen, aus Gewinnsucht das Ganze gar nicht mehr überblickt und/oder die Zeichen der Zeit übersehen zu haben.
Die da standen: Auf Sturm!

Ach ja, die Banken! Die Banken, das lehrt die nun zu analysierende Griechenland-Krise, stecken nicht etwa nur deshalb in der Scheiße, weil sie zu sehr gezockt hätten. Sondern zuallererst, weil sie allzu treudoof, zu viele, viel zu biedere Staatsanleihen von solchen „Schurkenstaaten“ wie Griechenland, Spanien und Portugal gehalten haben.
Banker, trotz der immer wieder thematisierten Exzesse, wie zuletzt bei der UBS, sind viel zu solide aufgestellt, um ihr ganzes Tafelsilber zu verjubeln.

Und noch eines zeichnet Banken aus! Sie folgen, wie war das eigentlich bei Bambi damals, meistens ihrem Herdentrieb. Sie beobachten sehr genau, was die Konkurrenz so treibt und hängen sich dann erst rein.

Ach ja, der Herr Editor mit seinem scheuen Augenaufschlag und die Wallstreet. Ich glaube, ich mach mal voran und schreite zur Tat. Was, verdammt,… ist eigentlich an Wallstreet los?

A.S. Antoine Susini, chefschlumpf November 2011

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