von Vivienne – Mai 2004
Fragen am Abgrund
Soll keiner sagen, dass er nicht schon in dieser Situation war.
Dass er überlegte, Hand an sich zu legen.
Dass er überlegte, sein Leben wegzuwerfen.
Alles hat keinen Sinn mehr.
Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.
Ich kann einfach nicht mehr.
Die Angst bringt mich um.
Meine Probleme wachsen mir über den Kopf.
Wie soll ich ohne ihn/sie weiter leben?
Es gibt keinen Ausweg mehr.
Wer von uns hatte nicht schon solche Gedanken im Kopf?
Wer von uns wollte nicht schon an einem vermeintlichen Unglück verzweifeln?
Oder ganz speziell wegen einer unglücklichen Liebe
Die Liebe macht uns unendlich verwundbar.
Das hab ich schon an andere Stelle erwähnt.
Wir öffnen uns einem anderen.
Geben unser Innerstes preis.
Vertrauen uns an.
In der Hoffnung.
Im Glauben.
Dass das geliebte Wesen uns sanft anfasst.
Und vorsichtig annimmt.
Sich unserer tiefen Verletzbarkeit bewusst ist.
Und der tiefen Gefühle, die hinter all dem stehen
Wer fürchtet nicht, zurückgewiesen zu werden?
Noch schlimmer, wenn die Gefühle mit Füßen getreten werden.
So ging es mir.
Ich dachte an Tod.
Die schwärzeste Depression hatte mich unter ihrem dunklen Mantel.
Ich stand am Kraftwerk bei uns.
Und wollte springen.
Ich starrte in das trübe Wasser.
Und sah mich in Gedanken schon fallen.
Feigheit.
Sie hielt mich ab.
So glaubte ich.
Es war nicht Feigheit.
Das erkannte ich erst später.
Ein Funken Lebenswille hatte mich abgehalten.
Etwas zu tun, was völlig sinnlos gewesen wäre.
Zu sterben nämlich.
Für jemanden der mich nie geliebt hat.
Und der keine Gefühle Wert war.
Der gar nicht wusste, was Liebe ist.
Seinetwegen ins Wasser zu springen wäre nicht wieder gut zu machen gewesen.
Vergeudung.
In der Zeit hagelte es in meinem Leben.
Zugegeben.
Ein Schlag folgte dem anderen.
Wer hätte nicht an Selbstmord gedacht?
Bisweilen zumindest
Wo die verletzliche Seele vom vermeintlich liebsten Menschen auch noch geknüppelt wurde?
Aber ich bin so froh, dass ich es nicht tat.
Dass mich etwas am Leben hielt.
Sein Leben wegwerfen ist keine Lösung für alle Probleme.
Ganz im Gegenteil.
So wie ich an die Wiedergeburt glaube.
Glaube ich auch daran, dass uns diese Probleme wieder zuteil werden.
Auf irgendeine Weise.
Was wir in diesem Leben nicht erkennen und entwirren.
Kommt wieder.
Mit Sicherheit.
Und so hab ich das Richtige getan.
Und ich habe in den letzen zwei Jahren sehr schöne Dinge erlebt.
Wundervolles erfahren.
Anerkennung.
Achtung.
Vertrauen.
Freundschaft.
Wärme.
Das alles hätte ich aus der Hand gegeben.
Ahnungslos.
Wäre ich gesprungen.
Das Leben geht immer weiter.
Das weiß ich heute.
Manchmal muss man alles verlieren.
Um alles zu gewinnen.
Vermeintlich habe ich sicher alles verloren.
Nur habe ich später erkannt, dass das alles nur Unrat war.
Muster ohne Wert.
Menschen, die verzichtbar sind.
Ratschläge, die hohl und verlogen waren.
Selbstbetrug.
Steine, denen ich zuerst nachtrauerte.
Und doch ohne sie viel schneller vorwärts kam.
Lieb dich selbst.
Dann wirst du auch geliebt.
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