Auch ein Kater liegt gern weich…

Was ist der elementare Unterschied zwischen einer Katze und einem Hund? Nun, die Katze bleibt immer eine eigenständige Persönlichkeit. Sie gehorcht nicht und wenn doch, nur widerwillig. Und sucht immer wieder ein Hintertürl, den eigenen Willen doch durchzusetzen. Außerdem kann eine Katze so was von beleidigt sein und schmollen, dass sich der Besitzer schließlich genervt geschlagen gibt. Ein (wohlerzogener) Hund hingegen geht ganz im Herrl (oder Frauerl) auf und unterwirft sich bedingungslos. Als geborenes Rudeltier akzeptiert er den Menschen als Führer des Rudels. Und tut immer, was ihm gesagt wird…

So gibt es auch zwischen Katzen- und Hundefans oft große Differenzen, schon wegen der gegensätzlichen Persönlichkeiten. Schmusetiger gegen Hund mit Bewegungsdrang – eklatante Unterschiede, die man bei der Wahl des richtigen Haustieres beherzigen muss. Und jeder Katzenliebhaber sollte sich bewusst sein, dass er weniger einen Stubentiger besitzt als vielmehr von diesem besessen wird. Daran musste ich eben wieder denken, als ich mich über unsere Minki ärgerte, die sich beharrlich weigerte, das neue Katzenfutter aus dem Supermarkt zu fressen. „Gut, dann spinn halt!“ rief ich der alten Katzendame nach, als sie mit zuckender Schwanzspitze sichtlich verärgert nach draußen lief. „Sheba gibt’s nicht, gnädige Frau!“

Ich war mir sicher, dass unsere Minki bis zum Abend wieder an der Tür stehen würde. In ihrem Alter hatte sie es im Spätherbst gern etwas wärmer. So beleidigt konnte sie gar nicht sein. Stocki war erst vor ein paar Minuten gekommen und hatte ausgiebig gefressen. Der Herr war, scheint’s, nicht so anspruchsvoll wie seine Frau Mama, aber wo war er jetzt geblieben? Ohne mir weiter Gedanken darüber zu machen ging ich ins Wohnzimmer um eine Kleinigkeit zu essen. Meine Mutter saß am Tisch und löste Kreuzworträtsel. Sie wirkte etwas nachdenklich auf mich. Als sich sie darauf anredete, zog sie die Stirne kraus. „Ich weiß nicht, aber seit neulich höre ich jede Nacht im Schlafzimmer immer so komische Geräusche.“ „Geräusche?“ „Ja, ich weiß auch nicht, so als ob noch jemand da wäre. Dein Vater schläft ja so tief, den könnte nicht einmal eine Atombombe neben ihm aufwecken. Aber mein Schlaf ist leichter. Und mittlerweile schrecke ich schon jede Nacht hoch – beim geringsten Geräusch.“

Ich dachte nach. Eine Maus? Sicher eine Möglichkeit, aber woher wäre die gekommen? Höchstens, dass Minki oder Stocki eine bereits gefangene Maus wieder entwischt wäre… Aber so ein Tier ist normalerweise so verletzt, dass es nicht lange lebt oder lärmen kann, wie meine Muter beschrieben hatte. War meine Mutter vielleicht einfach nur etwas übernervös? Ein knackender Kasten, der Wind am Fenster, alles schien mir wahrscheinlicher als der Glaube an eine Maus oder gar einen Hausgeist. „Weißt du was?“ schlug ich meiner Mutter aus meinen Überlegungen heraus vor.“…wenn du diese Nacht wieder etwas hörst, hol mich. Dann knöpfen wir uns den Bösewicht vor.“ Ich erwartete mir nicht viel von dieser Aktion. Viel sinnvoller hätte ich es gehalten, wenn unsere Mutter ein paar Baldriantropfen für tieferen Schlaf genommen hätte. Aber sie weigerte sich…

Also gut, dachte ich mir. Ich ging spät zu Bett, sah noch etwas fern und ließ das Licht gleich brennen um gerüstet zu sein. Trotzdem muss ich wohl eingedöst sein, denn plötzlich stand meine Mutter im Schlafrock vor mir und wirkte ganz atemlos. „Die Geräusche haben eben wieder angefangen!“ Ich war etwas sauer. Ein Blick auf die Uhr hatte mir gezeigt, dass es etwa halb eins war. Mitten in der Nacht. Ich schlüpfte in meine Hausschuhe und ging hoch zu meinen Eltern. Im Schlafzimmer brannte nur die Nachttischlampe meiner Eltern und mein Vater schnarchte daneben friedlich. Nach ein paar Minuten musste ich meiner Mutter Recht geben, da war irgendetwas, das ich förmlich spürte. Ich versuchte das Geräusch zu lokalisieren. Wie eine Maus klang das nicht und ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, was wir hier und jetzt aufspüren würden.

Schließlich merkte ich, dass die Schiebtür des Kleiderkastens nur halb geschlossen war. Entschlossen zog sich sie ganz auf. Da war etwas! Zwei phosphoreszierende Augen blickten mich überrascht an. „Wow“ miaute Stocki. Ich richtete den Strahl der Taschenlampe auf ihn. Kein Zweifel, mein Stocki hatte es sich auf der Bettwäsche bequem gemacht und das offenbar nicht das erste Mal, wie die „Vertiefung“ und die vielen roten Haare verrieten. „Wow!“ Der Kater begann sich an meiner Hand zu reiben und schnurrte laut. Na warte! dachte ich mir. Minuten später stand Stocki im kühleren Stiegenhaus, wo ich ihn unsanft hinbefördert hatte, und verstand die Welt nicht mehr. Warum tust du mir das an? schien mir seine beleidigte Miene zu verraten. Sein Schwanz zuckte und er miaute kläglich.

Meine Mutter lag mittlerweile völlig beruhigt wieder im Bett, mein Vater, der nichts von alledem gemerkt hatte, schnarchte weiter und die besudelte Bettwäsche war schon in der Waschmaschine. Ich fror und verzog mich auch wieder ins Bett. Die nächsten Tage mussten wir tatsächlich ein Auge darauf haben, dass der verwöhnte rote Tiger nicht wieder versuchen würde, im Kleiderkasten zu übernachten. So ein Mistvieh! musste ich trotzdem schmunzeln. Eine Katze gibt eben nie auf…

Vivienne

1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (Keine Bewertungen)

Schreibe einen Kommentar