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28.10.2005, © Vivienne

Schweigen
Lillys Gedanken zum Beitrag meines Kollegen Wolf, „Die Kunst des Streitens“

Lieber Wolf!

Ich habe deinen Beitrag sehr interessiert gelesen.
Und ich gebe dir Recht.
Unstimmigkeit.
Spannung.
Ja, durchaus auch Streitlust.
Das entsteht nicht umsonst.
Und am besten ist es, beizeiten darauf einzugehen.
Nichts hineinfressen.
Dampf ablassen.
Im wahrsten Sinne des Wortes.
Dein Vergleich mit dem Geschwür ist hervorragend.
Was nicht gesagt wird, beginnt zu eitern.
Kann nie heilen.
Denn eine Wunde muss desinfiziert werden.
Mit Jod.
Mit Alkohol.
Das brennt.
Das tut weh.
Aber danach kann sie heilen…
Erst dann!
Aber was…
Wenn das Pendent schweigt?

Es gibt Leute, von denen sagt man:
Die können nicht streiten!
Ich würde noch weiter gehen.
Darunter findet sich noch eine andere Spezies.
Die Menschen, die nicht sprechen können.
Nicht wollen.
Ihr Schweigen ist eisiger als ein Blizzard am Nordpol.
Ein heftiger Streit kann wehtun.
Schwere Wunden reißen.
Schweigen hingegen kann Menschen brechen.
Völlig.
Menschen, die auf ein Wort warten.
Der Klärung.
Des Vergebens.
Des Verständnisses.
Und ganz speziell der Offenheit.
Was stimmt nicht?
Was liegt an?
Warum bist du verletzt?
Ein altes Sprichwort – neu interpretiert:

Reden ist Silber.
Schweigen ist Tod.

Schweigen tötet Gefühl.
Schweigen tötet Liebe.
Schweigen töte Nähe.
Wer schweigt, lässt niemanden an sich heran.
Hüllt sich in eine unsichtbare Mauer.
Ein Streit kann sehr wehtun.
Ob der Wahrheiten, die man erfährt.
Über sich selbst.
Aber er zeigt auch:
Da ist noch Gefühl!
Heftiges Gefühl.
Nur wer liebt, kann auch hassen.
Schweigen hingegen ist Gefühlskälte.
Gleichgültigkeit.

Ein Vergleich von mir:
Liebe und Hass wohnen nebeneinander.
Nur die Gleichgültigkeit lebt am anderen Ende der Stadt.
Wer sich streitet, empfindet noch.
Befindet sich mit dem anderen in einem Prozess der Anpassung.
Des gemeinsamen Lernens.
Man lotet seine Freiräume aus.
Und seine Rechte.
Aber auch seine Pflichten.
Ein Streit gehört dazu zum Leben.
Wie ein Gewitter, das die Luft reinigt.
Und streiten kann man sicher lernen.
Man muss nicht immer heftig werden.
Oder gar hasserfüllt.
Aber das Miteinander heißt auch:
Sagen, was ansteht.
Was mich stört.
Was ausgeredet gehört.
In Liebe.
In Freundschaft.

Ich wünsche euch beiden alles Gute, Wolf!
Und dass ihr weiter den Mut habt zu reden.
Miteinander.
Auch wenn es mal heftig wird!
Streit heißt:
Eure Liebe lebt!

Alles Liebe
Vivienne/Lilly

 

 

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