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 Home Prosa Aus dem Hinterhof der Seele

19.12.2005, © Vivienne

Wo die Liebe hinfällt!

Salome räumte ihren Schreibtisch ab.
Stück um Stück.
Sie schien völlig ruhig zu sein.
In Wirklichkeit dröhnte ihr Kopf.
Sie war völlig fertig.
Schlief schon seit Tagen nicht mehr richtig.
Und sie hatte Angst.
Jeden Augenblick in Tränen auszubrechen.
Ob des Ungeheuerlichen.
Das passiert war.
Sie begriff es noch immer nicht.
Im Grunde war sie fassungslos.
Salome hielt inne.
Plötzlich standen ihre Augen in Tränen.
Genau das hatte sie befürchtet.
Sie zwinkerte.
Es war sinnlos sich dagegen zu wehren.
Aber nie würde sie ihre Tränen zeigen.
Nicht einem von den beiden.
Sie hielt inne.
Holte ein Taschentuch aus der Handtasche.
Begann ihre Augen zu betupfen…

Max beobachtete Salome aus den Augenwinkeln.
Schon die ganze Zeit.
Schließlich stand er auf.
Halb gebückt sah er sie an.
Salome!
Seine Stimme klang warm.
Sehr einfühlsam.
Er richtete sich ganz auf.
Bitte.
Lass uns nicht so auseinander gehen.
Nicht so.
Zwei unsichere Schritte in Richtung Salome.
Unwirsch blickte sich Salome um.
Ihre Wimperntusche musste verschmiert sein.
Das war ihr bewusst.
Vergiss es.
Ihre Stimme klang, als würde sie spucken.
Max zuckte zurück.
Unmut schlich in seine Züge.
Obwohl er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Im nächsten Moment klang er wieder sehr freundlich.
Aber auch ein wenig ungeduldig.
Ganz versteckt.

Ich verstehe dich nicht, Salome.
Ich wollte dir nie wehtun.
Das weißt du auch.
Ich habe dich viel zu gern.
Aber…
Seine Worte brachen unvermittelt ab.
Salome drehte sich zu ihm.
Ihr Puls raste.
Aber was?
Du wolltest mich nie!
Wolltest du das sagen?
Du hast mich zum Narren gehalten.
Für blöd verkauft.
Und ich suchte die Schuld bei mir.
Dabei solltest du mich warm halten.
Für Walter!
Wolltest du das sagen?
Max spürte Wut in sich aufsteigen.
Dass sich davon einfach nicht herunterkam!
Verdammt!
Ja, es war so.
Aber Walter war von Anfang an in sie verschossen gewesen.
Aber Salome hatte nur Augen für ihn, Max, gehabt.
Seltsam.
Sie war ihm nie so wichtig gewesen.
Aber er hatte auch nie eine feste Beziehung gesucht.
Sondern nur Frauen für schnellen Sex…
Er versuchte krampfhaft nachzudenken.
Es ging ja nicht um ihn.
Es ging um Walter…

Salome.
Hast du dich schon gefragt, wie es Walter dabei geht?
Nicht nur, dass du gehst.
Du bist unsere beste Kraft.
Er hat dich immer geliebt.
Angebetet.
Du warst die Frau, von der er immer geträumt hat.
Vielleicht war es nicht sehr fair.
Aber verletzten wollten wir dich nicht.
Ich dachte nur…
Irgendwann würdest du von selbst merken:
Mit uns beiden wird das nichts.
Und Walter wäre immer da gewesen für dich.
Dich aufzufangen.
Dich zu lieben…
Er schwieg betroffen.
Salome hatte zu schreien begonnen.
Walter?
Mich lieben?
Dass ich nicht lache!
Der notorische Fremdgänger!
Der seine Freundin mit dem Kind ständig betrogen hat.
Ich war eine Herausforderung für ihn.
Weil er mich nicht haben konnte.
Und außerdem wollte er mich in der Firma halten.
Erzähl mir doch keine Märchen, Max!
Walter weiß doch gar nicht, was Liebe ist.
Der rotiert doch bei jeder Frau!

Das linke Auge von Max begann zu zucken.
Er war wütend.
Sehr sogar.
Aber seine ruhige Fassade hielt noch.
Ein wenig!
Salome.
Du dramatisierst die Sache.
Merkst du das nicht?
Ich habe nie von Liebe gesprochen.
Ich wollte einfach nett zu dir sein.
Weil ich merkte, dass du gern deine Zeit mit mir verbringst.
Ich selber dachte mir nichts dabei.
Und diese Nachricht am Telefonanrufbeantworter…
Du hast sie völlig missverstanden…
Salome zuckte zusammen.
Tränen flossen aus ihren Augen.
Sie konnte sie nicht mehr zurückhalten.
Diese Nachricht…
Sie hatte neulich in der Früh den Anrufbeantworter abgehört.
Wie jedes Mal.
Wenn die beiden Chefs nicht da waren.
Und Max hatte eine Nachricht für Walter hinterlassen.
Walters Handy war nämlich kaputt.
Und er wollte außerdem noch vor sieben Uhr in der Firma sein.
Aber dann war er krank geworden …
Salome schluchzte krampfhaft in Erinnerung…

Hallo Walter!
Ich habe Salome vorhin mit einem Typen in einem Cafe gesehen.
Was der Teufel, was sie an dem Kerl findet.
Ich werde mich wohl wieder mit ihr treffen müssen.
Aber lass dir endlich mal was einfallen.
Dass du bei ihr punktest.
Mich nervt das ständige Getue schon extrem…

Salome griff nach ihrer Handtasche.
Sie konnte nichts mehr sagen.
Sie hatte nicht weinen wollen.
Aber nun war es doch passiert.
Der Typ war ihr Bruder gewesen.
Aber das spielte keine Rolle.
Sie hatte Max geliebt.
So sehr.
Immer in der Hoffnung, er würde sie auch einmal lieben.
Aber dass er nur Platzhalter für Walter sein wollte.
Für Walter…
Diesen widerlichen Macho!
Sie hörte Max nicht mehr rufen.
Salome schlug die Türe zu.
Sie wollte sterben.
Würde sie das je verkraften?
Aber sie hatte es sich nicht ausgesucht.
Dass sie sich in Max verliebt hatte.
Und nicht in Walter.
Darf man nicht mehr träumen?
Von der großen Liebe?

Wo die Liebe hinfällt…

Für Kati

Kopf hoch!

Vivienne

 

 

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