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16.12.2005, © Vivienne

Nebel über der Seele

Winter.
Zeit der Nebel.
Zeit der Kälte.
Einsamkeit drückt stärker.
Furcht, allein zu bleiben.
Furcht vor allem und jedem.
Verwinkelte Gedanken.
Man kaut schwer an jeder Sache.
Sei sie auch noch so banal.
Viel schwerer als nötig.
Man nimmt die Dinge einfach schwerer als nötig.
Als ob man einen Filter trägt.
Über der Seele.
Der alles uniform färbt.
Erstickt.
Grau in Grau.
Ohne Hoffnung.
Ohne Freude.
Ohne Glück…

Winterdepression.
Eine Erscheinungsform davon.
Den Betroffenen fehlt das Licht.
Im wahrsten Sinn des Wortes.
Erkrankte werden mit einem Speziallicht bestrahlt.
Das dieselbe Wellenlänge wie das Sonnenlicht hat.
Vielen hilft das.
Die Lebensfreude kehrt zurück.
Energie macht sich breit.
Die Antriebslosigkeit schwindet.
Ein schöner Erfolg.
Aber bei manchen hängt nicht nur im Winter ein Schatten über der Seele.
Bisweilen ist der Schatten das ganze Jahr zu Gast.
Immer wieder.
Mal öfter.
Mal weniger oft.
Aber immer allgegegenwärtig.
Manchmal ist er nur versteckt.
Um sich bei Gelegenheit wieder fallen zu lassen.
Wie eine dichte, graue Wolke.
Alles zudeckt.
Was bunt und schön war…

Der Nebel macht den Menschen wehrlos.
Er verliert seine Sicherheit.
Tapst nur durch das Leben.
Setzt Schritte nur ganz vorsichtig.
Oder traut sich nicht mehr.
Weiterzugehen.
Alles erscheint bedrohlich.
Im Schatten dieses Nebels.
Der Mensch zieht sich immer mehr zurück.
Aus seiner Angst heraus.
Er igelt sich ein.
Nichts sehen.
Nichts hören.
Und ist dabei auf dem besten Weg.
Sich noch tiefer in den Nebel zu verstricken.
Statt sich zu befreien…

Kennen Sie das Gefühl bisweilen auch?
Vielleicht nicht ganz so bedrohlich.
Nicht ständig.
Aber dieser Nebel lauert in fast jedem von uns.
Und wir können uns nicht wirklich wehren.
Denn verletzbar sind wir alle.
Schicksalsschläge machen uns anfällig.
Für den grauen Nebel.
Aber manchmal kommt er auch aus dem Nichts.
Vermeintlich.
Denn alles hat eine Ursache.
Die wir vielleicht nur verdrängt haben.
Wie ein Geschwür.
Dass in uns wuchert.
Und unerwartet aufspringt.
Der Nebel zeigt uns unsere Wunden.
Die nie richtig verheilen durften.
Und uns daran erinnern.
Dass uns andere sehr verletzt haben.
Heilen können wir den Nebel aber mitunter.
In dem wir gut sind zu uns selber.
Uns annehmen wie wir sind.
In dem wir uns lieben…

Vivienne

 

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