Das „Full Scottish Breakfast“

Eins muss gleich zu Anfang betont werden: Grundzutat fast aller Komponenten des Full Scottish Breakfast ist Fett. Es begleitet die einzelnen Bestandteile in Form von Butter, Bratfett oder Sahne. Das will nicht jeder und das verträgt nicht jeder. Deshalb ist allein schon die Vorstellung des schottischen Frühstücks für viele ein Graus. Für andere wiederum stellt diese Form des Frühstücks den perfekten Start für einen Tag draußen an der frischen Luft dar.

Aber betrachten wir nun die einzelnen Bestandteile des Full Scottish Breakfast.

Einige davon sind Kontinental-Europäern durchaus nicht fremd. Toast, Butter und Konfitüre gibt es zu jedem Frühstück. Auch wenn die bittere Orangenmarmelade vielleicht nicht jedermanns Fall ist, gibt es meist genügend Auswahl an anderen, wenn man Glück hat sogar hausgemachten, Konfitüren. Viele Bed and Breakfasts bieten auch durchaus Graubrot und Margarine an.

Auch Schinken und gebackene Eier sind für Nicht-Briten zum Frühstück durchaus vertraut. Schwieriger wird es dann schon mit den Sausages, den Würstchen. Erstens kommt es bei Geschmack und Konsistenz oft sehr auf den Metzger an und zweitens sind Würstchen zum Frühstück nun doch etwas gewöhnungsbedürftig. Richtig problematisch wird es dann aber bei Black Pudding und White Pudding. Beides nebeneinander auf dem Teller – in Fett angebraten, wie könnte es anders sein – sieht einer Portion Blut- und Leberwurst recht ähnlich. Der Black Pudding ist auch eigentlich nichts anderes als eine gut gewürzte und mit Oatmeal – also Hafer – angereicherte Form von Blutwurst. Wer also zu Hause schon mal zur Probe essen möchte, um zu sehen, ob er das schottische Frühstück verträgt, kann den Black Pudding getrost durch angebratene Blutwurst ersetzen.

White Pudding gehört zu den Speisen, die recht gut schmecken, solange man nicht weiß, was drin ist. Der schottische White Pudding besteht aus Oatmeal, Zwiebeln, Gewürzen und – man ahnt es schon – Fett, wahlweise von Rind oder seltener vom Schaf. Angebraten und gut gewürzt ist diese „Arme-Leute-Wurst“ zwar durchaus genießbar, aber drüber nachdenken sollte man nicht zu lange.

Gerüchteweise hört man, dass auch Haggis zum Frühstück serviert wird, mir persönlich ist dies aber nie begegnet, und obwohl ich prinzipiell Haggis gut genießbar finde, gestehe ich: Hier wäre meine persönliche Frühstücks-Schmerzgrenze erreicht.

Als „Sättigungsbeilage“ wird oft auch noch eine Beilage aus Kartoffeln gereicht. Hat man Glück, so sind dies Pfannkuchen oder Fladen aus einem Teig aus gekochten Kartoffeln und Mehl (natürlich in der Pfanne gebacken) oder Kartoffel-Waffeln, oft werden aber auch Kartoffel-Röstis serviert, die hier wie dort einfach aus der Tiefkühltruhe in den Backofen wandern. Im Zweifelsfall sollte man also vorher fragen.

Erfreulicherweise gibt es auch noch eine Gemüse-Beilage, die aus Baked Beans, gebratenen Tomaten und angebratenen Champignons besteht. Hier heißt es für Vegetarier aufgepasst: Bestellt man sich hier nur die Gemüse-Beilage zum Toast, kann es durchaus passieren, dass das Ganze in Speck angebraten wird – natürlich in wohlmeinendster Absicht, um dem Gemüse Geschmack zu geben.

Sollte man nun noch Platz haben, kann man die Mahlzeit noch mit einem Porridge, einem Haferbrei, krönen. Dieser wird oft – der kürzeren Kochzeit wegen – mit Instant Porridge Oats gekocht, die aber durchaus erträgliche Qualität haben. Und sollte dies jetzt im Vergleich zum Vorherigen gesund wirken: dem kann man entgegenwirken, indem oft schon beim Kochen Sahne hinzugefügt wird. Der Porridge selbst ist meist nur mit einer Prise Salz gekocht und man kann ihn am Tisch nach eigenem Geschmack mit Milch, Zucker oder Honig verfeinern.

Soweit zur Theorie des Full Scottish Breakfast. Die Praxis ist dann aber doch nicht in so engen Bahnen.

Es ist durchaus nicht so, dass jeder Mensch in Schottland täglich derart frühstückt. Für viele ist das „Full Scottish Breakfast“ eher ein Sonntags-Frühstück. Das hat mehrere Gründe: Zum einen ist man als Schotte nicht mehr zwangsläufig Fischer oder Schafzüchter und hat einen körperlich anstrengenden Beruf. Und als Service-Kraft in der lokalen Touristen-Information oder als Angestellte in einer Bank hält man auch mit Toast und Marmelade bis Mittag durch. Zum andern bedeutet die Zubereitung durchaus einen Zeitaufwand, den sich viele sparen. Und last but not least: Als tägliche Kost haben es der Hausarzt, der Internist und der Kardiologe verboten.

Einige B&Bs sind inzwischen z.B. auch schon auf Vegetarier eingestellt und servieren Joghurt, frische Früchte und Käse zum Frühstück. Frühstücksflocken und Müsli bieten ebenfalls viele Unterkünfte. Gerade in günstigen Bed-and-Breakfasts sind auch unter Umständen einige Bestandteile wie Black and White Pudding nicht enthalten. Und schließlich bin ich auch noch keinem Landlord und keiner Landlady begegnet, die beleidigt waren, wenn man am Abend vorher nur einige Teile bestellt hat. Man spart ihnen damit sogar überflüssige Arbeit.

Was auch immer man aber nun vom schottischen Frühstück hält: Wer es verträgt, hat damit eine wärmende Unterlage für jede stürmische Wanderung.

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