Das Leben eines Journalisten – In eigener Sache

Heute konnte ich im Web einen Artikel zum Leben freier Journalistin lesen, die, am Beispiel einer Frau von der schreibenden Zunft vorexerziert, de facto von der Hand in den Mund leben: Wenn diese einen Artikel schreibt, gibt es einen Bagatellbetrag pro Zeile. Unvorgesehene, größere Anschaffungen bringen die Frau in die Bredouille. Sie muss auf ihre Ersparnisse zurückgreifen, und die können nicht ewig reichen. Nächtens schläft die Frau, die von einer normalen Fünftagewoche nur träumen kann, schlecht, weil sie fieberhaft überlegt, wie sie noch mehr Geld dazuverdienen kann. Der Traum vom Leben als freischaffender Journalist – wohl eher ein Albtraum. Wer es nicht schafft, sich ein gewisses Renommee zu erkämpfen, einen gewissen Status, durch den sich führende Zeitungen um eine Glosse oder einen Leitartikel von einem raufen und viel Geld dafür hinlegen, wird nicht nur ein Leben in Bedeutungslosigkeit führen sondern auch in ziemlicher finanzieller Bescheidenheit.

Ohne Luxus, aber auch sehr einsam, ohne Familie, da das Geld schon für einen kaum reicht. Und bisweilen ist man gezwungen, Dinge zu machen, zu denen man nicht steht oder die einem sogar ganz gewaltig gegen den Strich gehen. Man prostituiert sich, weniger fein formuliert. Als ich – und nun lüfte ich wieder ein Geheimnis aus meinem Leben – vor ziemlich genau zwanzig Jahren in die Mozartstadt Salzburg ging, schwebte mir nicht nur eine Luftveränderung sondern auch ein Studium vor, das mich meinem Wunsch, einmal als Journalistin zu arbeiten, näher bringen sollte. Ohne jetzt auf Details einzugehen: die Zeit war damals nicht reif dafür. Mein Engagement verwässerte, wegen manchem, das ich in der Zeit kennen lernte, relativ rasch und in einer persönlichen Krise warf ich das Studium völlig hin um nach Oberösterreich zurückzukehren.

Ich habe das nie bereut, ich würde auch heute nie mehr studieren, auch wenn ich die Zeit und das Geld dazu hätte. Ganz abgesehen davon, dass man „Schreiben“ und die „Berufung zum Schreiben“ nicht in einem Studium erlernen kann: ein Professor an einer Uni ist letztlich auch nur ein besserer Lehrer, sehr subjektiv und meistens auch noch politisch geprägt. Meinen Stil nach Gutdünken verformen zu lassen um zu gefallen, entspricht heute ohnedies nicht meiner Vorstellung vom der Profession Schreiben. Wohlwollen an der Uni hängt außerdem wie in der Schule großteils davon ab ob man einem Professor zu Gesicht steht oder nicht. Und ich musste in Salzburg die Erfahrung machen, dass ich nicht dem Bild entsprach, das man dort von einer angehenden Journalistin hatte. Und das habe ich auch zu spüren bekommen.

Insofern floh ich enttäuscht aus Salzburg, in biedere Berufe, teilweise unter meinem Niveau und verdrängte meine ursprüngliche Freude am Schreiben. Das heißt, ich versuchte das – aber sie kam wieder hoch, auch wenn ich lange glaubte, alles überwunden und abgeschlossen zu haben. Unerwartet überfiel mich die Neigung wieder und ließ mich nicht mehr los… Und heute ist Schreiben eine der wichtigsten Beschäftigungen in meinem Leben. Auch wenn ich ganz normal arbeiten gehe, in einer Firma, in der es für mich passt. Mit einem netten Chef und netten Kolleginnen. Einem Job im Übrigen, den ich in der Form lange nicht gekannt habe und den ich deshalb umso mehr zu schätzen weiß. Genau genommen sprudelt meine Kreativität, seit ich dort mein Tagwerk verrichte, sogar ungeahnt. Die Arbeit wirkt also durchaus befruchtend auf mich, in einer Weise, wie es vorher nicht vorstellbar war.

Ein Ende ist nicht abzusehen, meine Berufung hat mich eingeholt und ich habe hier bei der Bohne die tolle Chance gefunden, das zu machen, was mir wirklich Freude macht. Nämlich wirklich alles, ohne Einschränkung, ohne Redigierung oder Maximalzeichen pro Spalte. Klezi und Einstein, die beiden Herausgeber, haben mir nie Steine in den Weg gelegt und so konnte ich mich mühelos weiter entwickeln und neue Rubriken schaffen. Natürlich überlege ich dazwischen auch, ob nicht ein Job bei einer Zeitung oder einem Magazin das Nonplusultra für mein Talent darstellen würde. Der Punkt ist: bei etwaigen Bewerbungen habe ich immer nur abschlägige Antworten bekommen. Zu viele, vor allem junge Leute, drängen, teilweise mit falschen Erwartungen, in diesen Bereich und haben mit Uni-Abschluss natürlich auch bessere Voraussetzungen als ich.

Und von der sprichwörtlichen Hand in den Mund zu leben wie obig angeführte freie Journalistin wäre nicht meins. Ich bevorzuge jene Variante, die sich Gott sei Dank vor ein paar Jahren so großzügig für mich aufgetan hat. Dankbar. Das zu leben, das für mich die wahre Profession darstellt – ohne mir über meine Zukunft Gedanken machen zu müssen. Seien wir ehrlich: wer kann das heutzutage schon von sich sagen?

Vivienne

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