Der Mann am Postschalter

Da!
Da war sie wieder!
Die kleine, dralle Blondine.
Mit diesen blauen Augen!
Unwiderstehlichen Augen.
Und sie stellte sich an.
An seinem Schalter!
Wirklich!
Ein wenig müde sah sie aus.
Und blass.
Egal.
Hauptsache sie stand da.
Nach einer halben Ewigkeit wieder.
In einer dunklen Cordjacke.
Und einem kleinen Hütchen dazu.
In derselben Farbe.
Sie sah sich um.
Gelangweilt.
Und ihn…
Ihn streiften ihre Blicke nur gelegentlich.
Irgendwie uninteressiert.
Dieses Blau.
Wunderbare Augen!
Sie schienen fast zu strahlen.
Schön.
Das war sie gar nicht.
Nicht im klassischen Sinn.
Aber diese Augen.
Leuchteten wie Türkise…
Und er fühlte Wärme in sich aufsteigen…

Sie würde doch nicht!
Schielte sie doch wirklich hinüber.
Zur anderen Schlange.
Zur Kollegin…
Als wollte sie wechseln…
Nein.
Er ließ sich nichts anmerken.
Zahlte Geld vom Sparbuch aus.
Kontrollierte das Passwort.
Die dunkelhaarige Frau.
Mit der Pelzjacke.
Sie redete mit ihm.
In schlechtem Deutsch.
Er nickte nur.
Mechanisch.
Verstand kein Wort!
Und da war sie!
Endlich vor ihm.
Und sie sah ihn nicht einmal an.
Nicht wirklich.
Etwas abwesend.
Spürte sie denn nicht?
Dass er dastand?
Was er fühlte?
Für diese Frau?
Ihm völlig fremd.
Im Grunde.
Er kannte sie nur vom Sehen…
Fast schon ewig…
Endlich.
Ihr Blick traf ihn.
Aus diesen wunderbaren Augen.
Und sie schrak fast zusammen.
Wegen dieser Dynamik.
Die er ausstrahlte.
Ihre Stimme.
Leise und zerbrechlich.
Ein Paketschein.
Und er las den Namen.
Jetzt wusste er wie sie hieß!
Endlich!

Er suchte das Paket.
Während ihm Gedanken durch den Kopf schossen.
Sollte er etwas sagen?
Durfte er?
Und vor allem was?
Wenn er wieder zurück war.
Am Schalter.
Dann blieben ihm nur Augenblicke.
Augenblicke es zu sagen.
Gehen wir einmal auf einen Kaffee?
Verdammt!
Das klang so lächerlich.
Sie würde ihn nur anstarren.
Mit ihren großen blauen Augen.
Fragend.
Als hätte sie ihn nicht verstanden…
Nie im Leben.
Konnte er sie fragen.
Nie!
Und jetzt musste er wieder hinein.
Sie würde sich schon fragen.
Wo er blieb…

Er lächelte sie an.
Leicht gepresst.
Sie zeigte ihm den Führerschein.
Er sah ihn kurz an.
Und gab ihn zurück.
Ohne etwas wahrgenommen zu haben.
Vor ihm nur das Blau…
Das Paket.
Er hatte es auf den Nebenschalter gelegt.
Er wollte es ihr geben.
Selber.
Vielleicht.
Vielleicht fiel ihm noch etwas ein.
Irgendwas.
Das er sagen konnte…
Wer wusste schon?
Wann sie wieder kommen würde?
Wegen eines Pakets?
Wegen eines Briefes?
Sie unterschrieb.
Dann wandte sie sich an den Nebenschalter.
Wegen des Pakets.
Ganz selbstverständlich.
Aber er.
Er war schneller.
Er reichte es ihr.
Lächelnd.
Sein Hals.
Ganz trocken.
Die Lippen spröde.
Auf Wiedersehen!
Ihre Stimme klang nun nicht mehr leise.
Sondern dunkel und warm.
Auf Wiedersehen!

Aber wann?

Vivienne

1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (Keine Bewertungen)

Schreibe einen Kommentar