Liebeskrank – Teil 30

Ich bin eben von meinem Termin beim Frauenarzt heimgekommen.
Alles ist in Ordnung und normal.
Ich bin in der 8. Woche schwanger.
Frank und ich sitzen auf der Couch.
Er hat seinen Arm um mich gelegt.
Leise Musik tönt aus den Lautsprecherboxen.
Ich träume mit geschlossenen Augen.
Ich schwebe auf einer wohlig warmen Wolke.
Keine Gedanken.
Nur Gefühle.
Alles rosa, weich und positiv.
Frank küsst mich.
Schiebt meinen Pullover hoch.
Legt seine Hand auf meinen Bauch.
Eigentlich ist noch fast kein Bauch da.
Oder besser gesagt: nicht mehr als sonst.
Franks Hand fühlt sich etwas kühl an.
Ich bekomme eine Gänsehaut in meinem Wolkenschloss.
Frank lacht.
Hakt meinen Büstenhalter auf…

Mitten unter seinen Bemühungen schreckt uns mein Handy.
Ich seufze und öffne meine Augen wieder.
Frank lässt mich wieder los.
Leicht verärgert.
Ich greife nach dem Handy.
Gabriel?
Tatsächlich.
Hallo.
Ich kann sein Lächeln förmlich vor mir sehen.
Ich atme tief aus.
Was ist los?
Er fällt mir schwer, meinen Ärger zu verbergen.
Gabriel reagiert leicht irritiert.
…nichts Besonderes.
Ich wollte dich nur fragen…
Hast du Lust auf einen Spaziergang im Schnee?
Und einen Kaffee nachher?
Ich presse die Lippenaufeinander.
Nur nicht schimpfen!
Einfach ruhig bleiben.
Er hatte keine Ahnung, was Frank und ich gerade vorhatten.
Ich sage es mir immer wieder.

Gabriel?
Ich glaube nicht, dass ich jetzt spazieren gehen möchte.
Den Abend verbringe ich mit Frank, ja?
Meine Stimme klingt unnatürlich.
Ich komme mir wie eine Idiotin vor.
Noch was, Gabriel.
Wir haben uns ausgeredet.
Das war sehr wichtig für uns beide.
Aber ich lebe jetzt in einer Beziehung.
Mit Frank.
Ich habe nicht mehr so viel Zeit für dich wie früher.
Ich spürte Franks Enttäuschung fast körperlich.
…hätte ja sein können.
Ich wollte nicht stören.
Gabriel sucht nach Worten.
Ich spüre Franks Blick.
Und eine gewisse Disharmonie.
Vielleicht auch Angst.
Ich bin mir nicht sicher.
Gabriel?
Ist schon okay.
Aber vergiss nicht:
Ich erwarte schließlich ein Kind.
Das Leben von Frank und mir wird sich ohnedies ändern.
Grundlegend.
Ich muss Prioritäten setzen.
Für meinen Mann und mein Kind…
Hallo?
Bist du noch dran?

Gabriel hat aufgelegt.
Ganz abrupt.
Warum auf einmal?
Ich lege das Handy wieder weg.
Frank sitzt neben mir.
Nach außen hin ruhig.
Als er mich ansieht.
Erkenne ich die Angst in seinen Augen ganz deutlich.
Ich habe mich nicht geirrt.
Franks Stimme klingt heiser.
Er hat aufgelegt?
Ich nicke abwesend.
Mir ist eingefallen.
Gabriel wusste noch nichts von meiner Schwangerschaft.
Es muss ihn überrascht haben…
Die romantische Stimmung zwischen Frank und mir ist weg.
Ich würde gerne weitermachen.
Dort, bei dem, was wir vorher tun wollten.
Aber meine Lust auf Sex ist weg.
Irgendwie fühle ich mich schuldig.
Ich weiß nicht warum.
Ich wollte doch nur Frieden machen!
Frank nimmt meine Hand.
Starrt weiter aus dem Fenster.
Mir fallen banale Dinge ein.
Dass mein Büstenhalter noch offen ist.
Und dass der Bezug des Sofas an dieser Ecke verschlissen ist.

Minuten sitzen wir da.
Das Schweigen zwischen uns wächst bedrohlich an.
Frank dreht sich plötzlich zu mir um.
Seine Augen wirken ganz unnatürlich auf mich.
Dunkel.
Und todtraurig.
Ich will, dass du ihn nicht mehr siehst!
Seine Stimme wirkt brüchig.
Als würde er gleich zu weinen beginnen.

Ich schüttle den Kopf.
Wende mich ab.
Eine Träne rollt über meine Wange.

Das Problem ist nicht Gabriel.
Das Problem ist Franks Angst, betrogen zu werden…

© Vivienne

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