Zu feig… – Aus dem Hinterhof der Seele

Helmut las die Zeitung.
Zum dritten Mal.
Das Kreuzworträtsel.
War schon aufgelöst…
Gerlinde, seine Frau.
Strickte.
Ein Babyjäckchen…
Helmut gähnte.
Ein Blick aus dem Fenster.
Es regnete.
Schon seit dem Vormittag…
Er stand auf.
Ging nach draußen.
Zündete sich.
Eine Zigarette an…
Ein Tag wie viele.
Seit er.
Ein Beamter.
In Pension war…
Öde.
Unerträglich öde…
Dabei.
Hatte er sich.
Auf seine Pension gefreut…
Aber seine Frau.
Knieprobleme.
Radeln.
Konnten sie nicht mehr.
Und daheim.
Fiel ihm.
Die Decke auf den Kopf…
In sein Stammlokal.
Wollte er nicht.
Hätte es Sinn gemacht?
Ein Bier zu trinken?
Nach dem anderen?
Jeden Tag?
Sicher.
Manchmal.
Da traf er Freunde.
Aber untertags.
Waren sie in der Arbeit.
Die meisten…

Ein Zug von der Zigarette.
Er seufzte.
Es.
War nicht immer.
So gewesen.
Nein.
Laura.
Seine Kollegin am Amt…
Er hatte sich verliebt.
Und sie auch.
Eine Affäre.
Heimlich.
Nach Dienstschluss.
Beide.
Mussten sie.
Vorsichtig sein.
Er war verheiratet.
Sie.
Lebte in einer Beziehung.
Trotzdem.
Er war glücklich.
Wie lange nicht.
Mit Laura.
Er fühlte sich jung.
Vital.
Ein g’standenes Mannsbild eben.
Bewundernde Blicke.
Von anderen Frauen.
Er machte Eindruck.
Das wußte er.
Ob jemand?
Etwas geahnt hatte?
Helmut seufzte.
Er wußte es nicht.
Gerlinde.
Wohl eher nicht.
Sie war eine Glucke.
Ganz verliebt.
In die Enkel…

Noch eine Zigarette.
Er fröstelte.
Das Dilemma begann.
Als Laura mehr wollte.
Mehr sein wollte.
Als seine Affäre.
Seine Geliebte…
Du liebst sie nicht mehr.
Deine Frau.
Und mein Partner.
Er ist langweilig.
Nur interessiert.
Am Blasmusikverein…
Sie hatte die Arme.
Um ihn gelegt.
Und gelächelt…
Komm.
Fangen wir neu an!
Gehen wir weg.
Von hier!
Für immer.
Sanft.
Hatte sie.
In sein Ohr geflüstert.
Ich will ein Kind von dir.
Komm schon.
Jetzt geht es noch!

Helmuts Blick.
Er verlor sich.
Im Grau der Wolken…
Ein verlockendes Angebot.
Aber nach jener Nacht.
Kamen hundert Einwände.
Was sagte er?
Tausend!
Was?
Hätten die Leute gesagt?
Und Gerlinde?
Sie wäre.
Entsetzt gewesen.
Und noch ein Kind…
Obwohl er schon.
Zwei Enkel hatte!
Er wäre.
Ein steinalter Mann gewesen.
Bevor.
Sein spätes Kind.
Erwachsen gewesen wäre…
Er redete mit Laura.
Stundenlang.
Er wollte alles.
Belassen wie es war…
Laura überzeugen.
Dass es.
Besser so war…
Die Diskussion.
Mündete in Streit.
Laura.
Wollte nicht.
Weitermachen.
Wie bisher.
Sie wollte sein.
Als was sie sich fühlte.
Seine Frau!
Ihn, Helmut, nannte sie feig.
Ein Schwächling.
Sei er!
Als sie ging.
Weinte sie.
Die Affäre.
Vorbei…

Helmut.
Trat die Zigarette aus.
Laura.
Hatte recht gehabt.
Er war ein Feigling.
Rückgradlos.
Laura.
Ließ sich versetzen.
Kurz danach.
Er wußte nicht.
Was aus ihr.
Geworden war…
Briefe.
Beantwortete sie nicht.
Anrufe.
Ignorierte sie.
Und er?
Opa von Beruf!
Mittlerweile drei Enkel.
Stramm und gesund.
Und er.
Ein alter Mann.
Keine sechzig.
Aber.
Er fühlte sich so.
Ohne Laura.
Seine Frau.
Merkte nichts.
Wieder einmal.
Strickte Babysachen.
Stickte in der Frauengruppe…

Ein Blick in den Himmel.
Der Regen.
Er hatte aufgehört.
Helmut räusperte sich.
Als er hineinging.
Seine eigene Schuld.
Er.
Hatte es so gewollt.
Nicht wahr?
Zu feig.
Um auszubrechen…
Viel zu feige…

Vivienne

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