„Du bist kein Wiener, oder?“ – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Nach der Arbeit hatte ich mich spontan dazu entschlossen noch einen Abstecher ins  „Cafe Steiner“ zu unternehmen. Kurz nach 18 Uhr war ich in dem Lokal angekommen und konnte einige mir nicht unbekannte Stammgäste begrüßen. Kellner Martin sprach mich auf die zuletzt geführte Diskussion über den Wiener Gemeinderatswahlkampf an, die er teilweise auch mitverfolgt hatte. Wir tauschten einige politische Beobachtungen aus wobei ich Martins Aussage, dass er schon froh sein würde, wenn der Wahlkampf wieder zu Ende geht durchaus gut verstehen konnte.

Ich hatte an dem Abend zwei kleine Bier konsumiert und war schon am Überlegen wieder den Heimweg anzutreten als mich ein Gast, der an der Schank neben mir Platz genommen hatte, mit den Worten „Entschuldige, darf ich dich was fragen?“ ansprach. Mit der Frage „Hab ich Recht, du bist kein Wiener, oder?“ hatte ich aber nicht so ganz gerechnet, auch wenn ich mich recht rasch wieder gefangen hatte. „Nun, ich kann dir sagen, dass ich in Wien geboren bin und eigentlich auch immer in dieser Stadt gelebt habe. Aber was mich jetzt interessieren würde, wie kommst du darauf?“ antwortete ich ihm.

Ich hatte Deniz, einen jungen Mann türkischer Abstammung, der zweifellos gut integriert ist bisher im „Cafe Steiner“ nur selten wahrgenommen. „Du kommst mir halt einfach nicht wie ein Wiener vor“ versuchte Deniz seine persönliche Einschätzung meiner Person zu erklären, was für mich aber so noch nicht ausreichend war. „Willst vielleicht sagen, dass der Pedro ein Tiroler oder Vorarlberger ist?“ warf Martin mit einem Schmunzeln ein. „Das war von mir nicht so gemeint“, konterte Deniz, „aber ich hab dich schon manchmal hier bei Diskussionen erlebt und du bist dabei einfach viel ruhiger als die meisten Wiener und auch deine Sprache ist irgendwie anders.“

Ich möchte sagen, dass ich Deniz seine Aussage bestimmt nicht verübelt habe – ganz im Gegenteil sogar. Die Unterhaltung war für mich aber doch Anlass über das Bild des sogenannten Wienertums nachzudenken, denn wie ich mich erinnerte war schon vor Jahren in einem ähnlichen Gespräch einmal versucht worden mir die Zugehörigkeit zur Bundeshauptstadt streitig zu machen. Manche Menschen neigen oft dazu zu verallgemeinern und dadurch ergibt sich dann für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ein vorgefertigtes Bild – dem ich in dieser Form wohl nicht entsprochen habe.

Wenn man der Frage nachgehen möchte, welche Assoziationen zum klassischen Wienertum einfallen wird man aus meiner Sicht sehr unterschiedliche und möglicherweise sogar gegensätzliche Aussagen erhalten. Die einen werden vielleicht an das nicht zuletzt touristisch relevante Kulturangebot denken, die anderen an den Heurigenbesuch in Grinzing. Aber der Wiener selbst wird vielleicht auch mit dem Edmund Sackbauer aus der TV-Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ oder dem grantelnden Herrn Karl assoziiert, die Beispielkette ließe sich jetzt beliebig fortsetzen. Unter dem schon legendären Begriff des „goldenen Wienerherz“ versteht man zumeist auch die Facetten und Abgründe des „schwarzgoldenen“ Herz des Wieners.

Für mich ist jeder Wiener anders – aber so etwas lässt sich in jeder anderen größeren Stadt wohl auch beobachten. Vielleicht liegt es daran, dass gerade das Wienertum auch historisch motiviert eine besonders facettenreiche wie auch spannende Sache ist.

Pedro

1 Gedanke zu „„Du bist kein Wiener, oder?“ – Geschichten aus dem Cafe Steiner“

  1. Stimmt scho!
    In Amerika gibt es neben den Amerikanern auch noch die „New Yorker“!
    So jedenfalls die Amerikaner
    Und in Österreich halt neben den Österreichern, auch noch die „Wie…“!
    So jedenfalls die „Piefkes“!

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