Neue Bohnen Zeitung


KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne  –  Mai 2002



Das leidige Problem mit der „Verhütung“

Als in den 50er Jahren die Antibabypille entwickelt wurde und in der Folge Einzug in unser Leben fand, preisten und rühmten Feministinnen vorerst die „Befreiung“ der Frau und die Möglichkeit selbst zu bestimmen, ob und wann frau schwanger wird. Leider hat sich dieses anfangs so hochgelobte Produkt irgendwie doch als ein Eigentor erwiesen. Obwohl sie zweifelsohne das wirksamste aller Verhütungsmittel ist, bietet sie keinerlei Schutz vor Geschlechtskrankheiten wie Aids oder Hepatitis C. Außerdem ist sie wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten. Auch wenn Ärzte und Wissenschafter bestreiten, dass die „Pille“ Krebserkrankungen von Brust oder Eierstöcken auslösen oder fördern könnte, irritiert mich persönlich, dass viele Frauen gerade der „ersten Pillengeneration“ (jene, die noch die vielfach überdosierten Hormonpräparate schluckten) am Mammakarzinom erkranken. Die große Thrombosegefahr, die die Pille für einen bestimmten Typ Frau darstellt, traut sich ohnedies kein Gynäkologe mehr unter den Tisch zu kehren.

In einer längeren Beziehung hat sich üblicherweise eingependelt, wer verhütet bzw. wie verhütet wird. In den meisten Fällen ist das die Frau, die der Einfachheit halber zur „Pille“ greift. Anders, wenn eine Freundschaft zwischen zwei Menschen schön langsam enger wird und sich nach einem Rendezvous oder Date auf einmal die Frage stellt: „Bei mir oder bei dir?“ Frau hat da oft Hemmungen, „ihn“ zu bewegen zum Kondom zu greifen. Vielfach kommt für Männer das Kondom „auf  keinen Fall in Frage, weil es nicht dasselbe ist“ oder er „sich dann auch gleich einen Regenmantel drüberziehen könnte“. Pille hin oder her, die Verhütung bleibt damit an den Frauen hängen – immerhin sind sie es, die einen möglichen „Unfall“ ausbaden müssten: mit Schwangerschaft und der Verantwortung für das Kind. Den Verdruss mit dem Mann, in den man gerade frisch verliebt ist, geht man als Frau gerne aus dem Weg. Er könnte ja ernsthaft verärgert sein oder sich gar deswegen „vertschüssen“.

Wenn man sich so die Produkte ansieht, die zur Empfängnisverhütung auf dem Markt sind, fällt auf, dass die meisten davon so konzipiert sind, dass das weibliche Geschlecht sie anwenden muss. Neben der „klassischen“ Pille, dem „Diafragma“ oder der „Spirale“ kommen dabei vor allem Scheidenzäpfchen und vergleichbare Präparate in Frage. Wer von Ihnen erinnert sich noch an die Lachnummer „Femdom“, einer Art Kondom für die Frauen, die vor fast zehn Jahren zum Ladenhüter Nr. 1 avancierte? Die Temperaturmethode, die übrigens als einzige von der Katholischen Kirche akzeptiert wird, ist, wie jene Frauen bestätigen können, die sich schon mit ihr auseinandergesetzt haben, enorm aufwendig und trotzdem nicht 100 % sicher. Annähernd sicher scheint sie nur in Kombination mit dem Kondom, das als einziges Verhütungsmittel einen sicheren Schutz vor Aids oder Geschlechtskrankheiten bietet: nicht nur für die Frauen sondern auch für die Männer.

Die Frage drängt sich einmal mehr auf: Warum ist das so ein Problem für die Männer zum Kondom zu greifen? Auch Frauen müssen allerhand Unannehmlichkeiten auf sich nehmen, wenn es um Schutz vor ungewollten Schwangerschaften geht. Und der Eingriff in ihren Hormonhaushalt ist, wie oben erwähnt, im Falle der „Pille“ nicht ohne und langfristig noch nicht wirklich absehbar, weil zuwenig erforscht. Eine von sich selbst sehr überzeugte „Männerkennerin“, mit der ich einmal zutun hatte, bezeichnete mich als weltfremd, weil ich in einer Unterhaltung auf die Bedeutung des Kondoms bei der Verhütung hinwies. Einem Mann könne man so etwas nicht zumuten, belehrte mich die „gute“ Frau, der habe ein Recht auf „Natur pur“ und außerdem auf „Abwechslung im Bett“. Obwohl ich es so genau eigentlich gar nicht wissen wollte, „beglückte“ mich die „erfahrene“ Frau mit Allerlei aus ihrem „Fundus“ und dem „reichen Schatz an Erfahrungen“ im Zusammenleben mit Männern sprich, „Todsünden und Tugenden“ in einer Beziehung.

Was mich aber trotzdem nicht darüber hinweg täuschte, dass die Frau keine längeren Beziehungen zustande brachte, sondern ihr, ganz ohne Umschweife formuliert, jeder Mann nach relativ kurzer Zeit wieder davonlief. Die Frau bemühte sich ständig um Fernsehauftritte, in denen sie als Single für sich Werbung machte (Ob auch bei Edith Klingers legendärem „Wer will mich?“, weiß ich nicht sicher! 😉 ). Irgendwie hinkte also die Realität hinter den „Lebenserfahrungen“ dieser Frau her. Und mir vermittelte es den Eindruck, dass „es“ mit dem Kondom (und wohl auch mit der Fülle der Liebespraktiken) allein nicht zu tun hat, wenn eine Beziehung nicht funktioniert. Keinesfalls möchte ich dem männlichen Geschlecht jetzt auf die Füße treten: so wie ich es mir nicht vorstellen kann, je zur Antibabypille zu greifen, gestehe ich es auch jedem Mann grundsätzlich zu, dass er sich dem Kondom „verweigert“ – aus welchen Gründen auch  immer. Für den einzelnen muss es passen – und jeder ist anders.

Bleibt trotzdem die Frage der Verhütung, die wohl nicht alleine Sache der Frau oder des weiblichen Geschlechts sein kann. Weitere Methoden wie die Durchtrennung der Eileiter bei der Frau oder das Durchtrennen der Samenstränge beim Mann sind auch nicht der Weisheit letzter Schrei: Die Sterilisation bringt Frauen ein erhöhtes Risiko an Gebärmutterhalskrebs, beide Methoden kann man nicht rückgängig machen – ein Kinderwunsch ist nachträglich kaum mehr erfüllbar. „Was soll das?“ werden sich jetzt einige fragen: „Ich nehme die Pille und so haut es auch hin!“ Schön, aber nicht jede Frau kann aus gesundheitlichen Gründen die Pille nehmen und so mancher Mann ist allergisch auf die aus Latex hergestellten Kondome. Was also tun, wenn eine gemeinsame Kinderschar noch kein Thema ist?

Als Resümee kann man nur sagen, dass Verhütung eben nicht männlich oder weiblich ist, sondern männlich und weiblich aber ganz besonders eben individuell: für jedes Paar, eben ganz nach den persönlichen Möglichkeiten. Eine Thematik, die ausdiskutiert werden muss in einer Beziehung wie etwa, wer heute das Auto hat oder wer morgen kocht oder nächste Woche die Kinder von der Schule abholt. Wichtig ist halt nur, dass man über alle Möglichkeiten informiert ist und keine Scheu hat, sich zu erkundigen. Das betrifft mann wie frau. Seltsam erscheint mir in dem Zusammenhang trotzdem, dass eine große Kinderschar, die vor 100 Jahren noch als ein eigenes Symbol an „Reichtum“ galt, als „Altersversorgung“, jetzt genau das Gegenteil assoziiert: Not, leben unter der Armutsgrenze, sozialer Abstieg – obwohl es uns heute so gut geht wie nie und mehrere Kinder leichter zu versorgen wären denn je.

So sieht unsere Gesellschaft aus: Wir schaffen uns ganz wenige Kinder an (statistisch gesehen 1,4 pro Paar), für die wir nie Zeit haben, weil wir alle arbeiten gehen. Kinder, die wir mit Spielzeug und teuren Kleidern, etc. eindecken und die die halbe Zeit allein vor dem TV-Gerät oder dem PC sitzen. Dabei wäre das Nötigste, was unsere Kinder von uns bräuchten, unsere Zeit: ein gemeinsamer Nachmittag, ein Ausflug ins Gebirge oder ganz simpel eine Hausübung miteinander gemacht und verglichen. Ist schon eine verrückte Welt, in der wir leben. Wir haben so viel Geld und Luxus wie nie, wir wollen aber auch sowenig Kinder wie nie zeugen und gebären, und leben auch noch an ihnen und ihren Bedürfnissen vorbei. Das Problem ist nicht die „Verhütung“, möchte ich sagen, sondern wir, verhütet soll doch, streng genommen, ein Unglück werden und unsere ungeborenen Kinder kann man doch nicht vorrangig als ein solches ansehen, meint

Vivienne

 

Link: Alle Beiträge von Vivienne

 

1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (Keine Bewertungen)

Schreibe einen Kommentar