Du gefällst mir – Aus dem Hinterhof der Seele

Der Schreck.
Er sitzt dir in den Knochen.
Noch immer.
Und wenn du in den Spiegel siehst.
Dann merkst du.
Dass du blass bist.
Und unruhig.
Noch immer.
Du ziehst dich aus.
Lässt Wasser ein.
In die Badewanne.
Minuten später seufzt du.
Als du hinein gleitest.
Schaumkaskaden.
Köstlicher Duft.
Lavendel.
Er soll dich beruhigen…
Du träumst.
Mit halb geöffneten Augen.
Aber dann.
Wie eine Wolke.
Die Erinnerung.
Und du schreckst wieder hoch.
Mein Gott!
Dass dir das passieren konnte!

Du fönst dir die Haare.
Trägst die Nachtcreme auf.
Im Gesicht.
Dann ziehst du dein Nachthemd an.
Und gehst zu Bett…
Am liebsten.
Da würdest du Georg anrufen.
Georg!
Deinen Freund.
Der in Rom ist.
Auf einem Kongress.
Aber…
Ob er Zeit hätte?
Ob er alleine wäre?
Dass ihr reden könntet?
Wahrscheinlich wäre es ungelegen….
Ja.
Du musst bis morgen warten.
Früh.
Wenn er selber anruft…
Du drehst das Licht ab.
Schließt die Augen…
Aber das Erlebnis.
Es lässt dich nicht los…
Die Bilder.
Sie kriechen.
Vor dein inneres Auge.
Unaufhaltsam…

Du wolltest Marlies treffen.
Eigentlich.
Deine Busenfreundin.
Da ihr gerade Strohwitwen wart.
Beide.
Aber Marlies.
Sie hatte sich erkältet.
Blieb daheim.
Also.
Gingst du allein in das Lokal.
Hast ein Bier bestellt.
Und mit der Kellnerin getratscht.
Neben dir.
Eine Rothaarige.
Bald unterhielt sie sich mit dir.
Und sie war nett.
Hast du gefunden.
Noch ein Bier.
Und dann wolltest du heim.
Schön langsam…
Die Rothaarige.
Sie sah gut aus.
Vollbusig.
Und lange Beine.
Jetzt.
Wo du dich erinnerst.
Fällt es dir auf.
Jetzt erst.
Vorher.
Hast du nicht darauf geachtet…

Du hast der Kellnerin gedeutet.
Zahlen!
Dann an die Rothaarige.
Ich muss gehen.
War nett dich kennen zu lernen…

Die üblichen Phrasen.
Du hast genickt.
Mechanisch.
Ihr zugelächelt.
Oberflächlich.
Und hast nach der Handtasche gegriffen…
Da spürtest du ihre Hand.
Auf deiner Schulter.
Sanft.
Und doch fest.
Gänsehaut.
Und sie lächelte…
Du gefällst mir…
Ein Blick in ihre Augen.
Und du hast begriffen.
Es traf dich.
Bis ins Innerste.
Und du konntest nichts sagen.
Du hast geschluckt.
Und dann bist du weg.
Ohne ein Wort.
Fast panisch…

Du drehst dich auf die andere Seite.
Dir musste das passieren!
Ausgerechnet dir!
Sie hatte hungrig ausgesehen.
Die Rothaarige.
Sehr hungrig…
Du atmest schwer.
Vielleicht.
Wäre es besser gewesen.
Daheim zu bleiben.
Es war dumm.
In das Lokal zu gehen.
Alleine.
Aber…
Konnte man das ahnen?
Die Kneipe.
Sie war fast leer gewesen.
Ziemlich leer.
Zufall.
Dass du dich dorthin gesetzt hattest.
Zufall.
Und doch.
Jetzt fühlst du dich.
Eigenartig berührt.
Weil sie dich angemacht hat.
Die Rothaarige.
Nett.
Nicht unangenehm.
Aber angemacht…
Hatte sie etwa geglaubt…?
Du wärst auch…?
Du presst die Lippen aufeinander.
Was würde Georg nur sagen?

Vivienne

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