Lukas – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Im Cafe Steiner kann man regelmäßig die Stammgäste aus den verschiedensten Altersgruppen antreffen. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei den Gesprächen in geselliger Runde auch oftmals unterschiedliche Anschauungen und Interessen aufeinander treffen. Die einzige Gemeinsamkeit besteht wohl darin, dass man sich zumeist an einem Abend mit anderen Menschen ein wenig austauschen möchte um dabei vielleicht auch bewußt andere Sichtweisen kennenlernen zu können.

Daraus sollte aber nicht der Schluß gezogen werden, dass jeder mit jedem bester Freund sein wird. Selbst war es mir auch stets wichtig die notwendigen Grenzen zu ziehen und es gibt bestimmt ein halbes Dutzend an Stammgästen mit denen ich mich noch selten bis gar nicht unterhalten habe. Das muß aber nicht heißen, dass ich gegenüber diesen Menschen eine ablehnende Haltung einnehme. Die Verschiedenartigkeit zwischen Gesprächspartnern kann eine Bereicherung sein, allerdings trifft dies nur dann zu wenn eine gesunde Basis bei Interessen und nicht zuletzt auch den Charakteren gefunden werden kann.

Der heutige Beitrag trägt den Titel „Lukas“ – das ist der Name eines jungen Mannes, der auch gelegentlich im Cafe Steiner anzutreffen ist. Die Geschichte liegt schon eine Zeit zurück und handelt von einer spannenden Unterhaltung, die ich Anfang des Jahres 2013 mit Lukas führen konnte. Ich habe gegenüber Freunden manchmal gescherzt, dass ich einen Menschen, der mir vom Wesen her zu ähnlich wäre nie kennenlernen könnte, da wir uns gegenseitig nie ansprechen würden. Die nachfolgende Darstellung möchte zeigen, dass es vielleicht doch möglich wäre …

An dem besagten Samstag Abend wollte ich eigentlich nur einen kurzen Abstecher in mein Stammlokal unternehmen. Kellner Martin hatte wie gewohnt Dienst versehen und es waren nicht allzu viele vertraute Gesichter anwesend. Ich nahm an der Schank Platz, bestellte eine Melange und begann in der Tageszeitung zu blättern. Kurz nach mir betrat ein weiterer Gast das Lokal und nahm unweit von mir Platz. Ich hatte Lukas bei vorangegangenen Besuchen schon vereinzelt als ruhigen Zeitgenossen wahrgenommen, ins Gespräch waren wir bislang aber noch nicht gekommen.

„Kannst du dir eigentlich vorstellen, dass mich etwas auf die Palme bringt?“, hörte ich Lukas sagen. „Nein, das ist bei dir fast nicht vorstellbar. Du bist doch die Ruhe in Person.“, antwortete Martin auf die etwas rhetorisch gestellte Frage. „Das glauben leider viele von mir. Aber wenn ich so einen langen Arbeitstag mit lauter Raunzern verbringen muß könnte ich manchmal schon ausflippen. Das Problem ist halt, dass ich mir das nicht wirklich anmerken lasse.“, versuchte Lukas seine Sichtweise etwas salopp zu formulieren. „Weißt du, an diese Leut‘ hab ich mich schon gewöhnt.“, erwiderte Martin wenig interessiert.

Ich hatte den Dialog zwischen den beiden nur am Rande mitverfolgt, war nun aber doch etwas hellhörig geworden. „Ich kann dich schon verstehen, die Raunzerei kann einem schon auf die Nerven gehen.“, warf ich ein. In Verlauf unseres Gespräches konnte ich dann erfahren, dass Lukas in der Verwaltung eines größeren Handelskonzern arbeitet. Das zehnköpfige Team sei für Marketing und spezielle Kundenanfragen zuständig, dabei wären flexible Arbeitszeiten notwendig und stünden auch an der Tagesordnung. Alles in allem wäre er mit seinem Job, den er schon seit einigen Jahre ausübt, durchaus zufrieden und hätte auch keine Ambitionen sich beruflich zu verändern.

„Weißt du, ich stehe voll uns ganz zur Teamarbeit. Aber das sehen bei uns wohl nicht alle so.“, mußte ich die erste leise Kritik heraushören. Es würden jeden Tag neue Arbeitsanforderungen hereinkommen und diese müßten eben auch erledigt werden. Es wäre natürlich vorgesehen, dass diese vom Team gemeinschaftlich abgearbeitet werden, was aber wohl von einzelnen Kollegen nicht ganz so gesehen wird. „Ich bin halt ein friedliebender Mensch und deswegen sag ich nichts, wenn sich einer vor der Arbeit drückt. Aber okay find ich das bestimmt nicht, wenn ich dann der Blöde bin.“, verdeutlichte Lukas sein emotionales Empfinden. Dem Chef wäre dieser Umstand zwar nicht ganz unbekannt, doch wäre dieser zufrieden wenn am Ende des Tages die Arbeit erledigt wäre. Lukas gestand auch ein, dass er den Unmut noch nie beim Chef vorgebracht hätte, da er „niemanden anschwärzen wolle“.

Er hätte am Betriebsklima nichts auszusetzen, wobei zum Teil doch sehr verschiedenartige Charaktere aufeinandertreffen und dies einen persönlichen Kontakt erschweren würde. Alles in allem komme er mit einem Großteil seiner Kollegen gut aus und er wolle sich nicht beklagen. Ein Laster wären ihm lediglich jene, bei denen sich das Lamentieren und Raunzen schon beinahe verinnerlicht hat. Lukas gestand in sehr offenen Worten ein, dass ihm dieser Umstand wohl nur deswegen so sehr belaste, weil solches ihm selbst so fremd sei. Er würde aber zunehmend daran arbeiten wollen manch gehässige Aussagen, welche von Alltagsgeschichten bis zur Weltpolitik reichen können, aus seiner Wahrnehmung auszublenden. Gelingen würde es ihm dennoch nicht immer …

Er konnte aber auch schon beobachten, dass das Raunzen über die eigene Person dazu führen könne, dass man besonders geschont wird. Es ginge ihm dabei natürlich nicht um Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, sondern um jene die – aus seiner Sicht – aus reinem Selbstmitleid das Klagelied singen. „Das ist doch eiskalte Berechnung. Glauben diese Leute denn etwa, dass ich eine Freude habe wenn ich am Montag in der Früh aufstehen muß?“. Ich habe das Gespräch mit Lukas sehr genossen und konnte dabei einigen Parallelen in unseren Sichtweisen nicht ganz von der Hand weisen.

Pedro

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